T wie Tempo

Kommen wir zum wichtigsten Prozess in der Dynamik einer Radsport-Gruppe: Das Tempo. Und wenn ich sage Tempo, dann meine ich das Gruppen-Tempo. Das ist das Tempo, bei dem ALLE mitkommen. Erinnert euch an den allerersten Satz in dieser Dokumentation: Radsport und Rad fahren sollen Spaß machen. Und das macht es nur, wenn man nicht permanent an der Leistungsgrenze fährt. Allerdings gibt es dort schon eine kleine Einschränkung: Wir pflegen das sportliche Rad fahren und wem unser Tempo dauerhaft zu schnell ist, der sollte entweder seinen allgemeinen Trainingszustand verbessern oder sich überlegen, ob das wirklich der richtige Sport ist.

Das Tempo einer Gruppe kann natürlich variieren und ist abhängig von der Konstellation der Gruppe, der Topographie und der geplanten Streckenlänge. Soll heißen, hat man eine starke Truppe zusammen und will man nur zwei oder drei Stunden fahren, dann kann das Durchschnittstempo auch schon mal jenseits der 30 liegen. Bei unseren Trainingsausfahrten am Dienstag oder Mittwoch hat sich ein Tempo im Schnitt so um die 28 eingependelt – im Frühjahr etwas langsamer, zum Herbst hin etwas schneller. Bei unseren Marathons drehen wir so um die 27, das ist bei meistens um die 20 Leute und über 200 km gar nicht so schlecht. Aber ob eine Gruppe 27 oder 28 fährt ist schon ein großer Unterschied, denn man weiß ja, dass man schon richtig zügig fahren muss, damit so ein Schnitt zu Stande kommt.

Also, wir waren beim Gruppen-Tempo. Welches Tempo ist das richtige für diese Gruppe? So schnell fahren, dass sich Einige zwar etwas anstrengen aber nicht abreißen lassen müssen. Wenn Löcher oder hochrote Köpfe entstehen, dann ist das Tempo zu hoch. Damit das nicht passiert, muss das Führungs-Duo ein Gefühl für das Gruppen-Tempo entwickeln, denn die Führung ist für das Gruppen-Tempo verantwortlich. Immer aufmerksam sein, immer ein Ohr und ein Auge hinten haben, immer auf die Topographie achten, Hügel nicht durchdrücken wollen – das können die Wenigsten – lieber das Tempo etwas rausnehmen und gemeinsam hochfahren und auf der anderen Seite des Hügels nicht nur runterrollen - sonst stehen die hinten in der Bremse – sondern mit Schwung auch runter treten.

Noch ein Tipp. Oftmals zieht sich die Gruppe gerade nach Kurven oder Hügeln auseinander. Die dabei entstehenden Lücken müssen nicht in kürzester Zeit geschlossen werden, weil man dann wieder mit hoher Geschwindigkeit auf die Gruppe aufläuft und (meistens) stark abbremsen muss auf eine niedrigere Geschwindigkeit. Die Vorne fahren gleichmäßig weiter, es entsteht wieder eine Lücke und die will wieder geschlossen werden… – das nennt man den Ziehharmonika-Effekt. Wenn man das Gruppen-Tempo kennt, dann müssen die beiden nebeneinanderfahrenden nur geringfügig schneller als die Gruppe vorne fahren und so lutschen sie die Gruppe ganz sachte auf – und es gibt keine Ziehharmonika. Toll, was?

Nach Kurven ist ein besonderes Phänomen zu betrachten. Selbst wenn die erste Reihe gemäßigt um die Kurve fährt, ist in irgendeiner Reihe garantiert Einer dabei, der zusätzlich noch abbremst oder die Kurve falsch anfährt – und meistens sind das Mehrere. Dann zieht sich das wie ein Gummiband auseinander und denen Vorne wird die Schuld gegeben, dass sie nach Kurven gleich wieder so losdonnern. Nein, das sind nicht die Schuldigen, aber sie müssen reagieren. Nämlich nach der Kurve nicht gleich wieder die Reisegeschwindigkeit aufnehmen, sondern das Gruppen-Tempo etwas verzögern und erst dann wieder normal fahren.

Ein Indikator für das richtige Tempo ist auch immer der Geräuschpegel. Wird es hinten merklich ruhiger, dann ist das Tempo meist zu hoch. Und noch ein Merksatz: Ruhiges Tempo ist NICHT, wenn es hinten plötzlich ruhig wird. OK?

Apropos Geräuschpegel: Es kann allerdings auch vorkommen, dass das Tempo zu langsam ist. Hilfreich sind da laute Freiläufe. Wenn die Anzahl der surrenden Freiläufe größer wird, dann kann man davon ausgehen, dass sich die Meisten gerade ausruhen. Also, die Führenden sollten immer ein Ohr nach hinten richten – wenn ihr wisst, was ich meine.

Ach, und noch was. Wenn der Chef aus einer hinteren Reihe nach vorne kommt, ist das Gruppen-Tempo garantiert zu hoch. Meistens wird schon langsamer gefahren bevor ich vorne bin, weil ein „Achtung, Chef kommt!“ mich bereits ankündigt. Dann aber nicht abrupt das Tempo raus nehmen, sondern nur etwas langsamer fahren. Im Fachjargon heißt das: Einen Tacken rausnehmen. Sonst laufen die hinteren Reihen wieder mit Tempo auf und dann kommt es zur Ziehharmonika und – aber das kennt ihr ja schon.

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